Interview mit Herrn Dr. Sönke Iwersen von der HRS Group

Herr Dr. Sönke Iwersen ist Director des Bereiches Central BI bei der HRS Group. Nach der Promotion in Statistik an der Universität Osnabrück bekleidete Herr Dr. Iwersen verschiedene Führungspositionen im Bereich Business Intelligence & Business Development bei namhaften Firmen.
Herr Dr. Iwersen, welcher Weg hat Sie in die Business Intelligence geführt und welche Rolle spielt die künstliche Intelligenz (KI) dabei?
Das Thema Intelligenz aus Daten begleitet mich mein gesamtes Berufsleben. Zuerst war es BI mit den Themen Datawarehousing, Reporting & Analytics. Durch die Technologieentwicklung der letzten Jahre haben wir heute deutlich mehr Möglichkeiten, aus Daten Insights zu erzeugen. Diese Möglichkeiten, zusammengefast unter „ML & KI“ werden dem Themen Datenintelligenz den nächsten Schub nach vorne geben. Wir können jetzt mehr Datenvolumen in kürzerer Zeit verarbeiten und damit mehr Business Value erzeugen. Heute baut man Datenprodukte mit ML&KI-Methoden, da diese Produkte direkt Business Value erzeugen.
Glauben Sie der Hype rund um die künstliche Intelligenz (KI) könnte abflachen? Wie weit sind wir hier wirklich und worin sehen Sie die Grenzen von KI?
Das Thema KI wird, wie jeder Hype, später abflachen und realistisch eingeordnet werden. Wir sprechen hier technisch von Konzepten, die 20 Jahre alt sind. Jetzt sind sie vielfach anwendbar und werden ihren Platz im Bereich Datenintelligenz finden bzw. haben ihn teilweise schon gefunden.
Aber Vieles ist beim Begriff KI heute noch falsch zugeordnet. Wir haben eine Trennung in Machine Learning-Themen, wo wir im Kern diese Methoden als „Rechenknechte“ nutzen. Ein kleinerer Bereich der KI wird die Algorithmik (z. B. Deep-Learning-Modelle) nutzen, um spezielle Use Cases zu ermöglichen und/oder zu optimieren. Aktuell wird aber an der Oberfläche gerne alles in den Topf der KI geworfen. Da müssen wir in Zukunft genauer definieren, worum es gerade geht.
Die Grenzen sind heute noch nicht klar zu erkennen. Die KI hat heute Einzug gehalten in die Industrien der Logistik & Transport, Banken, Automobilbranche & Travel. Dort werden KI-Themen genutzt, um Prozess-Effizienzen zu heben. Darüber hinaus kommen wertstiftende Ergebnisse aus intelligenten Datenprozessen, indem Datenprodukte genutzt werden, die KI beinhalten. Vieles davon ist aber noch im Laboratorium und sucht noch nach Marktreife für sich. Im laufenden Betrieb reden wir hier von Microservices/APIs, die auf Realtime skalieren können.
Die Grenze ist hier eindeutig die Anwendung durch den Menschen. Vieles klingt gut, erweist sich in der Entwicklung und im Testen aber nicht als stabile Lösung. Dadurch ist der Analyse-Spezialist gefragt, der diese KI-Themen steuert.
Werden Business Intelligence und Artificial Intelligence voneinander getrennt bleiben oder zusammenwachsen?
Aus meiner Sicht haben wir auf Basis einer zentralen Datenschicht pro Unternehmen beide Streams. Das BI wird den Bereich Reporting & Analytics abdecken. Hier werden regelmäßige Aktualisierungen in einem Reporting oder in einer Analyse geliefert werden.
Der Bereich ML/KI generiert Datenprodukte, die als Module/Services funktionieren und damit anderen Anforderungen entsprechen. Das Datenprodukt muss damit schnell, flexibel & skalierbar sein und hat damit eine andere Funktionsweise als Reporting und Analytics-Lösungen.
Ich sehe dies in vielen Unternehmen als Antwort auf die Frage, wie man mit ML&KI umgeht. Beide Bereiche erfüllen wichtige Businesszwecke und bestehen damit auch beide nebeneinander. Die Herausforderung liegt darin, dass die richtige zentrale Datenbasis besteht.
Was sind Ihre Erfolgsfaktoren dabei? Woran können solche Projekte scheitern?
Für ML/AI-Projekte braucht es drei Schritte, die ich gehe:
- Gibt es den Use Case samt Daten? 🡪 Nicht die richtigen Daten = kein Case!
- Generieren wir Business Value?
- Benötigen wir diesen Case wirklich als ML/KI Case?
Wenn dies alles richtig definiert ist, haben wir ein ML/KI-Projekt.
Erfolgsfaktoren hierfür sind folgenden Themen: richtige Skills, korrekt aufgesetztes Projektteam, Technologieansatz ist vorab definiert, erfolgreicher POC bzw. MVP (Minimum Viable Product) existiert.
Scheitern können diese KI-Projekte, wenn KI-Themen mit zu viel Druck erzeugt werden müssen. Diese Projekte benötigen aktuell noch mehr Trainings-/Kontrollschleifen, bevor sie stabil laufen. Wenn dies nicht sorgfältig zu Ende geführt wird, bleiben die Daten-Produkte in der Entwicklung hängen und erreichen keine Akzeptanz der anderen Geschäftsbereiche (zu viel Black-Box). Darin weichen diese Projekte von normalen Datenprojekten ab.
Ansonsten ist der Faktor Skills entscheidend. Zentrale Frage bei KI-projekten wird stets sein: Wer ist der Owner des KI-Algorithmus im laufenden Betrieb, um im Fehlerfall eingreifen zu können?
Ist dies unzureichend definiert, ist ein Einsatz unmöglich, da das System im Fehlerfall kippt, weil niemand die Skills hat, den KI-Algorithmus zu reparieren.
Wie gewährleisten Sie eine realistische Erfolgsbewertung und im Endeffekt eine angemessene ROI-Einschätzung (Return-on-Investment)?
Bei uns erzeugt die Relation aus Use Case & Business Value ausreichend Transparenz, um den ROI angemessen zu bestimmen. Wir fokussieren uns in der Scopingphase ausreichend auf diesen Punkt.
Arbeiten Sie bei der Umsetzung von Projekten mit dem HRS Innovation Hub zusammen? Falls ja, wer ist der Initiator von Projekten?
Wir arbeiten global mit allen entsprechenden Entwicklungsteams zusammen. Die Impulse kommen aktuell aus dem Business/Senior Management zu uns, um hier den notwendigen Business Value zu erzeugen. Die Umsetzung startet in den Intelligence Teams, um dann als gemeinsam aufgesetztes Projektteam aus Business/Intelligence/ Produktentwicklung weiterzulaufen.
Dr. Sönke Iwersen präsentiert am 13. November 2019, dem ersten Tag der Data Leader Days 2019, über „ML/AI gets normal: How to make it successful“.
Tickets für die Konferenz finden Sie auf der offiziellen Startseite, unter www.dataleaderdays.com.